In bestimmten Momenten scheint das Gewöhnliche zu verblassen: Der Körper verliert seine Grenzen, ein warmes Licht erfüllt das Innere, tiefster Frieden macht sich breit – und nichts ist mehr, wie es war. Auch beim Heilträumen kann uns das begegnen. Transformierende Heilerlebnisse können in spirituellen, psychotherapeutischen oder sogar medizinischen Kontexten auftreten – etwa bei Meditation, Nahtoderfahrungen, schamanischen Ritualen oder psychedelischen Therapien. Doch was genau empfinden Menschen in solchen Zuständen – körperlich und seelisch?
Wenn der Körper Licht wird: Typische körperliche Empfindungen
Viele Betroffene beschreiben eine Art „energetisches Erwachen“: Wärme steigt durch die Wirbelsäule auf, der Körper beginnt zu vibrieren, spontane Bewegungen oder Zuckungen treten auf. Es ist, als würde der Körper von innen heraus aktiviert. Andere erleben das Gefühl, ihren Körper zu verlassen, sich von außen zu sehen oder sich in Licht aufzulösen – das klassische außerkörperliche Erlebnis (1)(2).
Auch Veränderungen der Wahrnehmung sind typisch: Ein inneres Licht, das nicht über die Augen, sondern aus dem eigenen Inneren heraus gesehen wird, starke Farben, Muster oder eine veränderte Raum-Zeit-Wahrnehmung. Einige sprechen davon, dass sich ihr Körper „ausgedehnt“ oder ganz aufgelöst habe – als wäre ihr Selbst weit über die physische Hülle hinausgewachsen (3).
Zwischen Ekstase, Liebe und tiefer Ruhe: Seelisch-emotionale Dimensionen
Parallel zu den körperlichen Erscheinungen entfaltet sich oft eine tiefgreifende seelische Erfahrung: Ein Gefühl allumfassender Verbundenheit, grenzenloser Liebe oder innerer Stille tritt ein. Menschen berichten davon, dass sich Ängste aufgelöst haben – manchmal sogar die Angst vor dem Tod. Es entsteht ein tiefes Vertrauen ins Leben und ein Gefühl, „zu Hause angekommen“ zu sein (4)(5).
Auch starke emotionale Reinigungsprozesse können geschehen – etwa durch das Durchleben alter Verletzungen oder das plötzliche Verstehen tiefer Zusammenhänge. Diese Prozesse werden häufig als „reinigend“, „transformierend“ oder sogar als „Wiedergeburt“ empfunden – unabhängig vom jeweiligen kulturellen Kontext (6).
Spirituelle und medizinisch-psychologische Kontexte im Vergleich
Interessanterweise ähneln sich diese Erlebnisse erstaunlich stark – ganz gleich, ob sie durch Meditation, Schamanismus, Nahtod, psychedelische Substanzen oder intensive Psychotherapie ausgelöst wurden. Die Gemeinsamkeiten: das Auflösen des Ich-Gefühls, Lichtvisionen, Einheitserleben und ein tiefgreifender Wandel der Innenwelt (2)(4)(7).
Die Unterschiede liegen eher im kulturellen Rahmen und in der Art der Auslösung: Während spirituelle Traditionen wie der Hinduismus oder der Schamanismus gezielte Praktiken (z. B. Atemtechniken, Tanz, Rituale) verwenden, sind Nahtoderlebnisse meist spontane Folge akuter Gefahr. Psychedelische Substanzen wie Psilocybin oder MDMA können ähnliche Zustände hervorrufen, allerdings unter kontrollierten Bedingungen in therapeutischen Settings (5)(6).
Was sagt die Wissenschaft dazu?
Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass sich bei diesen Zuständen bestimmte Hirnaktivitäten verändern – etwa im sogenannten Default Mode Network, das für unser Ich-Erleben zuständig ist. Wird dessen Aktivität reduziert, berichten Menschen häufiger von Ich-Auflösung oder transzendenten Zuständen (7).
Auch hormonelle und neurochemische Prozesse spielen eine Rolle: So wirkt MDMA angstlösend, indem es die Amygdala (unser „Angstzentrum“) beruhigt. Ähnliche Effekte lassen sich auch bei intensiver Meditation oder unter psychedelischen Substanzen beobachten (6)(7).
Psychologisch betrachtet sehen viele Fachleute diese Zustände als Ausdruck eines „transpersonalen Bewusstseins“ – also eines Bewusstseins, das über die alltägliche Ich-Erfahrung hinausgeht. Solche Erlebnisse können therapeutisch wertvoll sein, wenn sie gut begleitet und integriert werden (4)(6).
Fazit
Transformierende Heilerlebnisse beim Heilträumen berühren uns in unserer Tiefe – körperlich, seelisch und geistig. Sie öffnen oft einen neuen Zugang zu sich selbst und zum Leben. Dabei zeigen sich erstaunliche Parallelen zwischen uralten spirituellen Traditionen und modernen wissenschaftlichen Modellen. Vielleicht ist Heilung – im tiefsten Sinne – tatsächlich das Erinnern daran, dass wir mehr sind als nur Körper und Verstand.
Quellenverzeichnis
Blackmore, S. (1993). Dying to Live: Science and the Near-Death Experience.
Greyson, B. (2003). The near-death experience scale: Construction, reliability, and validity. Journal of Nervous and Mental Disease, 171(6), 369–375.
Becker, C. B. (1993). Spiritual experiences and altered states of consciousness: Perspectives from transpersonal psychology.
Grof, S. (1998). Psychospiritual crises: Identification and treatment. In The Transpersonal: Spirituality in Psychotherapy and Counselling.
Griffiths, R. R. et al. (2006). Psilocybin can occasion mystical-type experiences having substantial and sustained personal meaning and spiritual significance. Psychopharmacology, 187(3), 268–283.
Carhart-Harris, R. L. et al. (2014). The entropic brain: a theory of conscious states informed by neuroimaging research with psychedelic drugs. Frontiers in Human Neuroscience, 8, 20.
Brewer, J. A. et al. (2011). Meditation experience is associated with differences in default mode network activity and connectivity. PNAS, 108(50), 20254–20259.
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